Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) und Exposition von Personen gegenüber elektromagnetischen Feldern (EMF) von Lampen / Leuchten

Neben Anforderungen bezüglich Energieeffizienz und Produktsicherheit ist die Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) eine weitere wesentliche gesetzliche Anforderung an Lampen und Leuchten in nahezu allen Märkten der Welt. Weiterhin ist die Beurteilung von Beleuchtungseinrichtungen bezüglich der Exposition von Personen gegenüber Elektromagnetischen Feldern (EMF) notwendig.

Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) von Lampen / Leuchten

Basierend auf der EMV-Direktive 2014/30/EU und damit als Voraussetzung für die CE-Konformität, sind in Europa beispielsweise folgende Normen bzw. Normenausgaben relevant:

  • EN 55015:2019 (Emission)
  • EN 61547:2009 (Immunity)
  • EN 61000-3-2:2014 (Emission Oberschwingungsströme)
  • EN 61000-3-3:2013 (Emission Flicker)

 

EN 55015 und EN 61547 gelten für die Aussendung (Abstrahlung und Weiterleitung) und Störfestigkeit hochfrequenter Störgrößen von:

  • Allen Beleuchtungseinrichtungen mit der Hauptaufgabe, Licht zu Beleuchtungszwecken zu erzeugen und/oder zu verteilen
  • Beleuchtungseinrichtungen von Multifunktionsgeräten, bei denen eine der Hauptaufgaben die Beleuchtung ist
  • Unabhängigem Zubehör für den ausschließlichen Gebrauch mit Beleuchtungseinrichtungen
  • Ultraviolett- und Infrarotgeräten
  • Leuchtröhrenanlagen für Werbezwecke u. Ä.
  • Straßen- und Flutlichtbeleuchtungen, die für den Außenbetrieb vorgesehen sind
  • Beleuchtungen in Transportmitteln (in Bussen und Bahnen)

Vom Anwendungsbereich dieser Norm ausgenommen sind:

  • Zubehör, das zum Einbau in eine Beleuchtungseinrichtung vorgesehen ist
  • Beleuchtungseinrichtungen von Flugzeugen und Flughäfen
  • Geräte, für die die Anforderungen bezüglich elektromagnetischer Verträglichkeit – Störaussendung – im Hochfrequenzbereich ausdrücklich in anderen Normen des CISPR festgelegt sind, auch wenn diese Geräte über eine eingebaute Beleuchtungsfunktion verfügen

Beispiele für ausgeschlossene Geräte sind:

  • Eingebaute Beleuchtungseinrichtungen für die Anzeigen-Hintergrundbeleuchtung und Signalisierung
  • Dunstabzugshauben, Kühlschränke, Gefriergeräte
  • Fotokopiergeräte, Projektoren
  • Beleuchtungseinrichtungen für Straßenfahrzeuge

Die EMV-Anforderungen an Beleuchtungseinrichtungen sind grob betrachtet vergleichbar mit denen für viele andere elektronische Geräte / Systeme. Im Detail haben sich jedoch gerade hinsichtlich Emission u. a. die Anforderungen der EN 55015 in den letzten Jahren entsprechend dem Stand der Technik der Beleuchtungsarten verändert:

  • Anforderungen an ELV-Lampen (Extra Low Voltage; Spannung bis einschließlich 50 V effektiver Wechselspannung oder 120 V welligkeitsfreier Gleichspannung zwischen den Leitern oder zwischen jedem Leiter und Erde)
  • Frequenzbereich, für den Grenzwerte hinsichtlich der abgestrahlten Feldstärke festgelegt werden, wurde von 300 MHz auf 1.000 MHz erweitert
  • Anforderungen an neue Schnittstellen wie Signalleitungen und Telekommunikationsleitungen wurden eingeführt
  • Anforderungen an GU10-Lampen mit eingebautem Vorschaltgerät
  • Spezifizierung für Module bei Integration in Host-Systeme
  • Einführung der Messung der magnetischen Feldstärke mit einer 60-cm-Rahmenantenne im Abstand von 3 m für große Beleuchtungseinrichtungen (> 1,6 m) als Alternative zur Messung mit dem 3-fach-Rahmenantennen-System (LLAS, Large Loop Antenna System)
  • Ergänzungen zur Vorgehensweise bei Leuchtensystemen mit integrierten Funksystemen

Hinsichtlich Störfestigkeit bringt die IEC 61547:2020 relevante Neuerungen für Beleuchtungseinrichtungen:

  • Erweiterung des Anwendungsbereichs um durch den Endbenutzer austauschbare Module und die Kombination von durch den Endbenutzer austauschbaren Modulen und Zubehör
  • Spezifizierung von Tests an Modulen in einem Host-System
  • Erhöhte ESD- und Stoßspannungstestwerte für Straßen- und Straßenbeleuchtungsgeräte;
    8/15 kV statt 4/8 kV für ESD und 2/4 kV statt 1/2 kV für Stoßspannung (Surge)
  • Einführung von ESD-Tests unter normalen Betriebs- und Handhabungsbedingungen
  • Wegfall der Leitung-Erde-Überspannungsprüfung für Lampen mit integriertem Vorschaltgerät ≤ 25 W. Gerade diese Prüfung hat in der Vergangenheit immer wieder zur Zerstörung von Lampen geführt.

 

Aufgrund diverser Diskussionen und Unklarheiten in der Vergangenheit hinsichtlich der Prüfung bezüglich Überspannung (Surge) wurde die Ergänzung eingeführt, dass Leitung-Erde- und Neutral-Erde-Überspannungsprüfungen auch für Beleuchtungseinrichtungen der Klasse II mit Metallgehäuse gelten, die zum Beispiel über den Anschlusspol oder den leitfähigen Rahmen mit Erdpotential verbunden werden können. Daher muss während der Prüfung das Metallgehäuse des Hosts oder der Leuchte geerdet werden. Bei Lampen mit eingebautem Vorschaltgerät (> 25 W) muss dazu das konische Gehäuse gemäß Anhang A der CISPR 15:2018 als Metallgehäuse verwendet werden.

Exposition von Personen gegenüber Elektromagnetischen Feldern (EMF) von Lampen / Leuchten

Zur Beurteilung von Beleuchtungseinrichtungen bezüglich der Exposition von Personen gegenüber elektromagnetischen Feldern (EMF) basierend auf der LVD-Direktive 2014/35/EU und damit als Voraussetzung für die CE-Konformität ist nachfolgende Norm relevant:

  • EN 62493:2010

Diese Norm schafft die Grundlage, um durch Messungen und/oder Berechnungen elektromagnetische (EM-)Felder und deren mögliche Effekte auf den menschlichen Körper in Bezug auf die Belastungsgrade zu beurteilen, die für die breite Öffentlichkeit in ICNIRP:1998 [1] 1, IEEE C95.1:2005 und IEEE C95.6:2002 [2] angegeben sind. Die einzuhaltenden Belastungsgrade entsprechen den Basisgrenzwerten (auf der Grundlage von ICNIRP und IEEE).

Diese Norm gilt für die Beurteilung von Beleuchtungseinrichtungen bezüglich der Exposition von Personen gegenüber elektromagnetischen Feldern. Die Beurteilung beinhaltet die induzierten Stromdichten bei Frequenzen von 20 kHz bis 10 MHz und die spezifische Absorptionsrate (SAR) für Frequenzen von 100 kHz bis 300 MHz in dem Raum um die Beleuchtungseinrichtung.

In den Anwendungsbereich der Norm sind eingeschlossen:

  • Alle Beleuchtungseinrichtungen für die allgemeine Beleuchtung mit der primären Funktion der Erzeugung und/oder der Verteilung von Licht für Beleuchtungszwecke. Allgemeine Beleuchtungseinrichtungen schließen alle Arten der industriellen, privaten, öffentlichen und Straßenbeleuchtung ein
  • Der Beleuchtungsteil für die allgemeine Beleuchtung von Multifunktionseinrichtungen, wenn eine ihrer primären Funktionen der Beleuchtung dient
  • Unabhängiges Zubehör, ausschließlich bestimmt zur Verwendung mit Beleuchtungseinrichtungen

Ausgeschlossen vom Anwendungsbereich dieser Norm sind:

  • Beleuchtungseinrichtungen für Luftfahrzeuge und Flugplätze
  • Beleuchtungseinrichtungen für Straßenfahrzeuge (ausgenommen die Beleuchtung, die genutzt wird, um Fahrgastkabinen in öffentlichen Transporteinrichtungen zu beleuchten)
  • Beleuchtungseinrichtungen für die Landwirtschaft
  • Beleuchtungseinrichtungen für Boote / Schiffe, Fotokopierer, Diaprojektoren
  • Geräte, für die die Anforderungen bezüglich elektromagnetischer Felder ausdrücklich in anderen IEC-Normen formuliert sind

Diese Norm gilt nicht für Einbaukomponenten von Leuchten, wie elektronischen Betriebsgeräten.

Anwendung der Grenzwerte laut EN 62493:2010:

Beleuchtungseinrichtungen gemäß dem Anwendungsbereich entsprechen dieser Norm, wenn die folgenden Anforderungen erfüllt sind:

  • Funkstörspannung am Stromversorgungsanschluss nach EN 55015 (20 kHz–30 MHz)
  • Gestrahlte elektromagnetische Störaussendung nach EN 55015 (100 kHz–30 MHz)
  • Gestrahlte elektromagnetische Störaussendung nach EN 55015 (30 MHz–300 MHz)
  • Gemessene (gewichtete und zusammengefasste) induzierte Stromdichte aufgrund des elektrischen Feldes im Frequenzbereich von 20 kHz bis 10 MHz überschreitet nicht den Faktor (F) 0,85, wie in Anhang D der EN 62493 definiert.
    Diese Messung erfolgt mit dem „Van der Hoofden“-Prüfkopf. Der Messabstand des Prüfkopfes zur Beleuchtungseinrichtung beträgt zwischen 5 und 100 cm, abhängig vom Leuchtentyp (siehe Anhang A der EN 62493).

Beleuchtungseinrichtungen, bei denen ohne Prüfung erwartet wird, dass sie die Anforderungen der EN 62493:2010 erfüllen:

  • Von Beleuchtungseinrichtungen, die ohne elektronische Betriebsgeräte ausgerüstet sind, wird erwartet, dass sie ohne Prüfung den Anforderungen dieser Norm entsprechen.
  • Alle Arten von Zündgeräten, Startern, Schaltern, Dimmern (einschließlich Phasenanschnitt-Steuereinrichtungen, z. B. Triacs, GTO-Thyristoren) und Sensoren werden nicht als elektronische Betriebsgeräte angesehen.

 

Die neuere Version EN 62493:2015 ist aktuell noch nicht als harmonisierter Standard im Amtsblatt zur Richtlinie 2014/35/EU gelistet. Sie enthält jedoch einige wesentliche Neuerungen hinsichtlich der relevanten Anforderungen.

  • Aktualisierung von Beleuchtungseinrichtungen, die ohne Prüfung als normkonform betrachtet werden können
  • Streichung der Notwendigkeit der Einhaltung der EN 55015 als Voraussetzung der Einhaltung der EN 62493
  • Definition von Beleuchtungseinrichtungen, bei denen ohne Messung davon ausgegangen werden kann, dass sie die Anforderungen des Van-der-Hoofden-Tests einhalten
  • Betrachtung von Beleuchtungseinrichtungen mit sogenannten „Intentional Radiators“, also u. a. Funkmodulen

Beleuchtungseinrichtungen, bei denen laut EN 62493:2015 ohne Messung davon ausgegangen werden kann, dass sie die Anforderungen des Van-der-Hoofden-Tests einhalten:

  • Die Beleuchtungseinrichtung enthält kein elektronisches Vorschaltgerät
  • Es handelt sich um Glühlampentechnologie, einschließlich Halogen
  • Es handelt sich um eine LED-Lichtquellentechnologie
  • Es handelt sich um eine OLED-Lichtquellentechnologie
  • Es handelt sich um Hochdruckentladungslampentechnologie
  • Die Beleuchtungseinrichtung basiert auf Niederdruck-Entladungslampen-Technologie mit einem Belichtungsabstand ≥ 50 cm
  • Es handelt sich um ein unabhängiges Hilfsmittel

Enthält die Beleuchtungseinrichtung ein Funkmodul, ist die Bewertung etwas komplexer und abhängig vom Typ und von typischen Abständen zu Personen.

Hierzu sind neben der EN 62493 ggf. auch nachfolgende Anforderungen zu betrachten:

  • EN 62209-2: Sicherheit von Personen in hochfrequenten Feldern von handgehaltenen und am Körper getragenen schnurlosen Kommunikationsgeräten – Körpermodelle, Messgeräte und Verfahren – Teil 2: Verfahren zur Bestimmung der spezifischen Absorptionsrate (SAR) von schnurlosen Kommunikationsgeräten, die in enger Nachbarschaft zum menschlichen Körper verwendet werden (Frequenzbereich von 30 MHz bis 6 GHz)
  • EN 62232: Bestimmung der HF-Feldstärke, der Leistungsdichte und der spezifischen Absorptionsrate (SAR) in der Nachbarschaft von Funkkommunikations-Basisstationen zur Ermittlung der menschlichen Exposition
  • EN 62311: Bewertung von elektrischen und elektronischen Einrichtungen in Bezug auf Begrenzungen der Exposition von Personen in elektromagnetischen Feldern (0 Hz bis 300 GHz)

Siehe dazu nachfolgenden Auszug aus der EN 62493:2015: